Dynamik der Atmosphäre

Druckgebilde und Windentstehung

 

 

Der Blick vom Satelliten auf das irdische Wettergeschehen liefert immer wieder beeindruckende Bilder. Besonders interessant sind dabei Tiefdruckgebiete, die sich zu einem Sturm, Orkan oder zu einem tropischen Wirbelsturm weiterentwickeln. Je tiefer der Luftdruck im Zentrum eines Tiefs desto ausgeprägter ist seine Wolkenspirale, die sich buchstäblich um den Kern des Tiefs wickelt.

In diesem Kapitel geht es um die Entstehung des Windes durch Luftdruckunterschiede und die dabei vorhandenen Kräfte in der Troposphäre. Hier möchte ich auch wieder auf Gleichungen nicht verzichten und mit Beispielen versehen, da nur so die Zusammenhänge interessant dargestellt werden können.

Der Wind oder auch die Luftbewegung entsteht durch Luftdruckunterschiede in der Troposphäre als horizontale Ausgleichsbewegung vom Ort hohen Druckes zum tiefen Druck. Je größer die Druckdifferenz zwischen einem Hoch und einem Tief, desto höher ist die Windgeschwindigkeit. Das heißt, je enger die Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks) bzw. Isohypsen (Linien gleicher geopotenzieller Höhe) sind, desto stärker auch der Wind. Es versteht sich von selbst, dass Temperaturdifferenzen die Voraussetzung dafür sind.

Bei der Betrachtung von Luftbewegungen muss unterschieden werden zwischen

·         dem Wind in der freien Atmosphäre (oberhalb der Grenzschicht, ohne Reibung)

·         dem Wind in Bodennähe, der durch den Strömungswiderstand der Erdoberfläche beeinflusst wird.

Die vorhandenen Kräfte, die den Wind in der Troposphäre beeinflussen sind

·         Druckgradientkraft (Druckbeschleunigung)

·         Corioliskraft (Coriolisbeschleunigung)

·         Zentrifugalkraft

·         Zentripetalkraft

·         Reibung

 

Für die nachfolgenden Berechnungen soll ein Tief über der Bretagne als Beispiel dienen.

 

Die untere Grafik zeigt das Zentrum des Tiefs genau über der Bretagne. Westlich und südöstlich davon sind die höchsten Windgeschwindigkeiten beobachtet worden, zu sehen an der dunkelroten bis violette Einfärbung. Im Zentrum des Tiefs wurde ein Luftdruck von 969 hPa registriert. Die innere Isobare (Linie gleichen Luftdrucks) ist in der Grafik nicht eingezeichnet und würde mit 970 hPa gekennzeichnet werden. Etwa 200 km entfernt vom Zentrum verläuft die 984er Isobare.

Berechnet werden soll nun, welche Windgeschwindigkeiten westlich des Zentrums (violetter Bereich) beobachtet wurden.

Druckgradientkraft

Die schematische Darstellung zeigt uns das Druckgefälle, das als Gradient bezeichnet wird und eine Differenz von 11 hPa oder 1100 Pa (Pascal) = kg·m−1·s−2 = N/m² auf 200 km bzw. 5.5 hpa (550 Pa ) auf 100 km angibt.

Die Druckgradientkraft steht immer senkrecht zu den Isobaren

P

T

H

970

dy

dx

d

Fp

965

 

 

 

Wie wir bereits aus der Physik kennen, ist der Druck P gleich Kraft F pro Fläche. Das entspricht eine Druckänderung pro Strecke einer Kraft pro Fläche mal Strecke oder eine Kraft pro Volumen.

 

Die Druckgradientkraft berechnet sich nach dem oben gezeigten Beispiel wie folgt:

GP Gradientkraft [N/kg]

∆p Druckdifferenz zwischen Hoch und Tief [Pa]

∆n Entfernung [m]

q   Luftdichte in

 

 

 

Das Luftpaket erfährt somit auch gleichzeitig eine Beschleunigung in das Zentrum des Tiefs unter Vernachlässigung aller anderen Kräfte. Der daraus resultierende Wind wird auch Euler-Wind genannt.

Die Beschleunigung unter der Berücksichtigung der Druckgradientkraft erhält man unter:

Geht man davon aus, dass sich das Luftpaket vom Anfangszustand 0 in Bewegung setzt und sein Weg in das Druckgefälle hinein fortsetzt, würde es aus der Ruhe heraus nach 60 Minuten eine Geschwindigkeit von 20 m/s annehmen.

Eine typische Form des Euler-Windes oder auch antitriptischer Wind genannt. Die tagsüber erwärmte Luft über dem Land verursacht einen geringeren Luftdruck, gegenüber der Luft über dem Gewässer. Durch die Druckunterschiede entsteht eine Zirkulation mit auflandigem Wind. Dies geschieht auf direktem Wege ohne Beteiligung anderer atmosphärischer Kräfte.  In der Nacht kehren sich die Verhältnisse um. Im Gegensatz zu den großen Druckgebilden, ist die Land-See Wind Zirkulation einer kleinräumigen Skala zuzuordnen. (Wird in einem extra Kapitel, kleinräumige Zirkulationssysteme behandelt)

Bei größeren rotierenden Systemen strömt die Luft nicht direkt vom Hoch in das Tief, was wiederum zur Folge hätte, dass stärkere Druckunterschiede nicht entstehen könnten, da sich ein schnellerer Ausgleich von Druckdifferenzen zwischen den Druckgebilden vollziehen würde. Außer in Äquatornähe und bei den angesprochenen kleinräumigen Windsystemen gibt es dieses Verhalten nicht.

In der Erdatmosphäre gibt es weitere Scheinkräfte, welche Einfluss auf die Drucksysteme nehmen und diese zum Rotieren bringen.

 

 Die Rotation der Erde

Die Rotationsgeschwindigkeit der Erde ist vom jeweiligen Breitengrad abhängig. Da die Erde sich in 24 Stunden (86400 s) einmal um ihre Achse dreht, errechnet sich ihre Winkelgeschwindigkeit

   Winkelgeschwindigkeit

T Periodendauer eines siderischen Tages, der auch Sterntag genannt wird [s] und umfasst 23 h 56 min und 4,09 s

 

Die Winkelgeschwindigkeit der Erdrotation ist   

 

 

 

 

Da der Erdradius vom Äquator zu den Polen abnimmt, verringert sich auch die Mitführgeschwindigkeit. Je höher die geografische Breite, desto geringer die Geschwindigkeit der Erdrotation, die sich wie folgt berechnen lässt

 

 

 

Esslingen beispielsweise befindet sich auf 48 °nördlicher Breite. Die Erdrotation beträgt hier 1119 km/h.

Am Äquator                  465,2 m/s = 1675 km/h

Hamburg        53° Nord   279.5 m/s = 1006 km/h

 

 

Oder in Annäherung

 

Corioliskraft

 

Die Corioliskraft (benannt nach dem französischen Physiker und Ingenieur Gaspard Gustave de Coriolis, 1792-1843) ist eine Trägheits- (Schein-) Kraft, da sie die Geschwindigkeit eines Teilchens, bzw. eine Luftmasse nicht ändert, auch keine Arbeit leistet, sondern nur die Richtung des Luftpaketes in der Bewegung relativ zur Erdrotation beeinflusst.

Entscheidend ist nun zum einen ob das Ganze auf der Südhalbkugel oder auf der Nordhalbkugel geschieht und ob das Teilchen sich in West-Ost bzw. Ost-West Richtung, also zonal, oder in Süd-Nord bzw. Nord-Süd Richtung (meridional) bewegt.

Ein Teilchen, welches sich vom Äquator in Richtung eines Pols verlagert, behält die aus der größeren Bahngeschwindigkeit am Äquator die höhere Mitführgeschwindigkeit bei und bewegt sich somit schneller in Richtung der Erdrotation. Relativ zur Erdoberfläche ergibt sich daraus eine Ablenkung nach Osten. Durch die geringere Drehgeschwindigkeit in der Polregion hat ein Objekt, welches diese Geschwindigkeit annimmt und sich Richtung Äquator auf den Weg macht, eine geringere Geschwindigkeit als die Erdoberfläche unter ihm. Es wird daher gegen die Erdrotation nach Westen abgelenkt.

Auf der Grafik soll die Corioliskraft dargestellt werden: Vom Äquator aus (rote Linie), bewegt sich das Luftpaket auf der Nordhalbkugel nach Norden und wird durch die Erdrotation in Rotationsrichtung nach rechts abgelenkt. Von Nordpol kommend wird das Luftpaket auf seinem Weg zum Äquator ebenso nach rechts abgelenkt. In diesem Fall beruht die Rechtsablenkung durch die geringere Geschwindigkeit des Luftpaketes gegenüber der Erdrotation. Auf der Südhalbkugel wirkt die Corioliskraft genau entgegengesetzt. Die gelbe gestrichelte Linie nördlich und südlich der Äquatorlinie markiert den Bereich, in der keine Corioliskraft wirkt.

 

 

 

 

Coriolisablenkung

 

 

 

In der Zeit t (12), in der das Luftpaket von A nach C, also vom Äquator nach 47° Nord unterwegs ist, erfährt es eine Ablenkung mit der Strecke  

 

 

 

 

Da sich unser Tief auf 47° nördlicher Breite befindet muss der Erdradius zunächst auf dieser Breite ermittelt werden

 

 

Gehen wir davon aus, dass sich ein Luftpaket in 3 Stunden um 4 Breitengrade weiter nach Norden bewegt, dann ist die Strecke für die Coriolisablenkung

 

Der Coriolisparameter ist Breitengradabhängig und errechnet sich:

 

 

 

Coriolisparameter Breitengradabhängig

 

Die Corioliskraft sorgt dafür, dass sich auf der Nordhalbkugel Tiefdruckgebiete im Gegenuhrzeiger und Hochdruckgebiete mit dem Uhrzeigersinn rotieren. Auf der Südhalbkugel entsprechend umgekehrt. Auch die Passatwinde sind eine Folge der Corioliskraft, die am Äquator (Nordost und Südostpassat) in der ITC Innertropischen Konvergenzzone zusammenlaufen.

Kommen wir zu unserem Tief zurück: Durch die Ablenkende Kraft strömt die Luft nicht direkt mit dem Druckgradenten in das Tief, sondern in einer spiralförmigen Struktur um das Zentrum des Tiefs und letztendlich wird das Tief am Ende mit stetig steigendem Druck weiter „aufgefüllt“.

 

 

 

 

 Geostrophischer Wind

Zunächst betrachten wir die untere Grafik, die zeigen soll, wie das Luftpaket zunächst durch die Corioliskraft abgelenkt wird und dann strömungsparallel zu den Isobaren verläuft, wenn sich Corioliskraft und die Druckgradientkraft im Gleichgewicht befinden. Dieser Wind der Isobarenparallel verläuft wird geostrophischer Wind genannt.

 

 

Der geostrophische Wind ist das Resultat des Gleichgewichtes zwischen Gradient-und Corioliskraft die Senkrecht zu den Isobaren stehen. Dieser Wind weht außerhalb der Reibungsschicht, in der freien Atmosphäre, oberhalb von 1000 Metern.

Seine Geschwindigkeit kann man wie folgt errechnen und nehmen wieder Bezug auf unser Beispiel mit dem Tief, welches sich auf 47° nördlicher Breite befindet, mit einem Luftdruckgradienten von 550 Pa/100 000 m.

 

 

 

 

 

Das Ergebnis zeigt uns einen geostrophischen Wind mit satter Orkanstärke.

 

Die Corioliskraft ist demnach:

Die Coriolisbeschleunigung

 

Der geostrophische Wind lässt sich auch anhand der Isohypsen in den Höhenwetterkarten bestimmen, da die Druckflächen (relative Topografie) durch den Druckunterschied einer bestimmten Neigung unterliegen.

In der Grafik sind die unterschiedlichen Druckverhältnisse über Europa gut zu unterscheiden:  Die weißen Linien zeigen den Luftdruck (Isobaren) am Boden an, während die schwarzen gestrichelten Linien die relative Topografie in der 500 hPa Fläche wiedergeben. Die Isohypsen werden bis 500 hPa (in der Regel 5500 m) in einem Abstand von 40 gam (geopotenzielle Meter) bzw. 4 gpdm (geopotenzielle Dekameter) in den Höhenwetterkarten eingetragen.

 

 

Grafik: Höhenwetterkarte 500 hPa Fläche mit Isoplethen (Linien gleicher potenzieller Temperatur) sowie Isohypsen (Linien gleicher geopotenzieller Dekameter)

 

 

 

Der geostrophische Wind ist somit

bzw. bei einem Unterschied von 30 gpm auf 100 km:

 

 

 

 

Über die Windgeschwindigkeit (hier 155 km/h auf 47° nördlicher Breite) lässt sich wiederum der Druckgradient berechnen:

 

 

 

Zentrifugalkraft

Als weitere Scheinkraft, die in rotierenden Systemen selbstverständlich eine Rolle spielt, ist die Zentrifugalkraft

 

 

 

 

Zunächst müssen wir noch den Radius des Tiefs bestimmen:

 

 

Bei einem Radius des Tiefs von 173 km und der Tangentialgeschwindigkeit von 43 m/s ist die Zentrifugalkraft

Wenn sich nun die Luftteilchen von West nach Ost bewegen, so addieren sich die Bahn und die Eigengeschwindigkeit zur Gesamtgeschwindigkeit und somit zur Gesamtzentrifugalkraft. Die Gesamtzentrifugalkraft ist in guter Näherung die Summe aus Corioliskraft und Zentrifugalkraft

 

Gradientwind (gekrümmte Stromlinien)

Im Gegensatz zum Geostrophischen Wind muss beim Gradientwind die Krümmung der Isobaren und bei der kreisförmigen Umströmung von Hoch und Tiefdruckgebieten zusätzlich die Zentrifugalkraft berücksichtigt werden.

Wenn es keinen turbulenten Luftwiderstand gibt, dann neigen die Winde dazu, parallel zu den Isobaren oder Höhenlinien zu wehen, selbst wenn diese Linien gekrümmt sind.  Wenn die Linien jedoch um ein Tiefdruckzentrum (in einer der beiden Halbkugeln) gekrümmt sind, dann sind die Windgeschwindigkeiten subgeostrophisch (d.h. langsamer als die theoretische geostrophische Windgeschwindigkeit).    Für Linien, die um Hochdruckzentren herum gekrümmt sind, sind die Windgeschwindigkeiten supergeostrophisch (schneller als die theoretischen geostrophischen Winde).  Diese theoretischen Winde, die gekrümmten Isobaren oder Höhenlinien folgen, werden als Gradientenwinde bezeichnet.  Gradientenwinde unterscheiden sich von geostrophischen Winden dadurch, dass sich die Corioliskraft und die Druckgradientkraft  nicht ausgleichen, was zu einer Nettokraft führt.  Diese Nettokraft wird Zentripetalkraft genannt und bewirkt, dass der Wind auf seinem Weg spiralförmig in das Tiefzentrum verläuft.

 

Im Fall eines Tiefs wirkt die Zentrifugalkraft in die gleiche Richtung wie die Corioliskraft. Unter einem sich drehenden Hoch wirken Gradientkraft und die Fliehkraft vom Zentrum heraus nach außen und der Corioliskraft entgegen.

 

 

Abbildung: Kräftegleichgewicht des Geostrophischen Windes bei Umströmen von dynamischen Druckgebilden

Für die Berechnung des Gradientwindes bleiben wir bei dem oben genannten Tief, mit dem wir bereits einen geostrophischen Wind von ~43 ms errechnet haben.

 

Die Lösung für den Gradientwind erhalten wir über die quadratische Gleichung

V Gradientwind [ms]

f Coriolisparamter [

R Entfernung zum Tief

p Luftdichte [kg]

  Druckgradient

+/- positives Vorzeichen vor dem Klammerausdruck bei einer zyklonalen Strömung, negatives bei einer antizklonalen Strömung

 

 

 

                     

Der Gradientwind ist durch die Isobarenkrümmung des Tiefs, gegenüber dem geostrophischen Wind, nur marginal kleiner.

Beispiel Hochdruckgebiet

Bei einem Hoch ist der Krümmungsradius weitaus größer. Gehen wir von einem Radius von 800 km und einem Druckgradienten von 3.1 hPa / 100 km aus. Der Coriolisparameter ist 1.06 x  

Der geostrophische Wind ist somit

 

Der Gradientwind unter einer antizyklonalen Strömung

 

 

Beide quadratische Gleichungen sind so weit identisch. Bei einer antizyklonalen Bahnkrümmung ist das Vorzeichen negativ und die Gleichung kann imaginär werden, da bei bestimmten antizyklonalen Bahnkrümmungen nur maximale Druckgradienten möglich sind. Was schließlich bedeutet, dass der Radius bei einem Hoch nur unter Einschränkungen gekrümmt und damit nicht unendlich klein werden kann. Für ein Tief gilt das nicht.

Für den minimalen Krümmungsradius eines Hochs gilt unter folgenden Parametern: V 23 m/s, Coriolisparameter

 

Für eine zyklonale Bahnkrümmung gilt mit den gleichen Ausgangswerten und dem zweifachen Coriolisparameter

 

Hier sind noch weitere Beispiele wie sich der Wind unter dynamischen Druckgebilden verhält

 

Wie bekannt, nimmt bei zunehmenden Druckgradienten der Betrag der Windgeschwindigkeit weiter zu. Auf der anderen Seite nimmt der Wind bei gleichbleibendem Druckunterschied mit zunehmender geografischer Breite ab, da der Coriolisparameter größer wird.

Ändert sich der Radius R der gekrümmten Windströmung um ein Tief bzw. um ein Hoch, so ändert sich auch die Geschwindigkeit des geostrophischen Windes.

So wird die Strömung in ein Tief beschleunigt und aus einem Hoch abgebremst.

Die Tabelle zeigt den Bezug der Windgeschwindigkeit bei Tiefdruck in Abhängigkeit der geografischen Breite:

 

Druckgradient [Pa]

Geografische Breite

f

Coriolisparameter [ ]

p

Luftdichte [kg]

 

Die Ergebnisse in der Tabelle zeigen deutlich, dass es in Bereichen mit niedriger Breite um Tiefdruckgebiete höhere Windgeschwindigkeiten auftreten.

 

 

Zentrifugalkraft unter dem Gradientwind

 

Zu unterscheiden sind bekanntlich zwei Fälle: Die Strömung um ein Tief und um ein Hoch. Die Zentrifugalkraft ist immer nach außen gerichtet, also vom Rotationszentrum weg

 

 

Wird die Strömung zyklonal, so addieren sich Corioliskraft und Zentrifugalkraft und fügen die Werte von den o.a. Beispielen ein

 

 

Werden die Luftteilchen dagegen um ein Hoch gelenkt, so addiert sich die Zentrifugalkraft zur Druckkraft. Bei einem Radius von 800 km und einem Gradientwind von 23 m/s Fz = 23 m/s² / 800³ =

 

 

 

 

Zyklostrophischer Wind

Unter einer lokalen Zirkulation, wie beispielsweise bei einem Tornado oder einem Staubteufel, spielt die Corioliskraft eher eine unbedeutende Rolle. Der Grund ist, dass sich bei der Bildung eines Tornados, durch die sich schnell drehenden tangentialen Winde, die Zentrifugalkraft schneller zunimmt als die Corioliskraft. Somit ist die Zentrifugalkraft die dominante Kraft, die die Druckgradientkraft ausgleicht. Gradient und Zentrifugalkraft halten sich somit in Waage.  

Die Formel für den zyklostrophischen Wind ist somit

 

 

 

Beispiel:

    = Radius des Luftwirbels [100 m]

    = Luftdichte [kg]

  = Druckdifferenz zwischen äußerem Radius und Zentrum 1010 hPa – 912 hPa = 98 hPa = [9800 Pa]

  = Entfernung zum Zentrum [100 m]

 

Zentrifugalbeschleunigung

 

Druckgradientkraft

 

Druckgradientkraft und Zentrifugalbeschleunigung befinden sich im Gleichgewichtszustand.

 

Coriolisbeschleunigung

 

Im Gegensatz zur Zentrifugalbeschleunigung fällt die Coriolisbeschleunigung kaum ins Gewicht, weshalb sie bei kleinräumig rotierendem Wirbel vernachlässigt werden kann.

Bei einem Unterdruck von rund 10 hPa gegenüber dem äußeren Druck in einem Abstand von nur 100 Metern entspricht dies eine Kraft von 1000 N

(1000 kg m /m²), oder eine Druckkraft von 100 kg/m².

 

Die Entstehungsweise von Sand- oder Staubtromben (Staubteufel) ist ähnlich wie bei Tornados. Staubtromben entstehen hauptsächlich über eine stark erhitze Bodenoberfläche meist unter einem wolkenlosen Himmel. Das dort entstandene Mini-Tief saugt nun explosionsartig die erhitzte Umgebungsluft an und führt diese spiralförmig nach oben hin ab. Tornados hingegen bilden sich durch eine zunächst horizontal liegende Luftwalze, die durch den starken Aufwind eines mesozyklonalen Systems in die vertikale gekippt und anschließend in die Länge gestreckt wird. Die Luftwalze rotiert nun vertikal. Durch die Streckung verkleinert sich der Durchmesser, weshalb die Rotation verstärkt wird (Pirouetteneffekt). Auch beim Tornado vollzieht sich die Entstehung über den Boden. Durch den Unterdruck und der stärker werdenden Rotation bildet sich eine Trichterwolke aus der Wolkenbasis, die mit sich mit der Bodenrotation verbindet und somit den klassischen Tornado abbildet.

Da die Corioliskraft bei stark rotierendem Luftwirbel buchstäblich keine Rolle spielt, können sich diese sowohl zyklonal als auch antizyklonal drehen. Das gleiche Phänomen ist auch bei Wasser, welches in den Abfluss einer Badewanne fließt, zu beobachten: Der dadurch entstehende Wirbel kann sich links oder rechts herumdrehen, unabhängig davon auf welcher Hälfte der Erdkugel man sich befindet.

Trägheitskreis (Trägheitsströmung). Der nächtliche Grenzschicht Strahlstrom (low-level-jet.)

Bei einer kreisförmigen antizyklonalen Bewegung kommt es zu einer Windgeschwindigkeit, die weder durch Reibung noch durch einen Druckgradienten beeinflusst wird. Dabei besteht ein Gleichgewicht zwischen der Coriolis und der Zentrifugalkraft. Dieses Phänomen der Trägheitsströmung ist vor allem in der Nacht zu beobachten als Grenzschicht-Strahlstrom (low-level-jet), der deutlich höher ausfällt als der geostrophische Wind und in einigen hundert Metern Höhe über Grund, meistens über einer Inversionsschicht, auftritt. Der Grund für die Entstehung eines solchen low-level-jets ist relativ einfach: Tagsüber wird der bodennahe Wind durch Reibung und durch Vertikalbewegungen (Impulsflüsse), die durch Thermik entstehen, beeinflusst, welches den Wind wiederum sehr böig werden lässt. In den Abendstunden fällt durch die fehlende Sonneneinstrahlung die Thermik weg und somit auch die Vertikalbewegungen. Der Wind „schläft“ am Boden buchstäblich ein. In einigen hundert Metern Höhe jedoch lässt der geostrophische Wind nicht nach. Im Gegenteil: durch die „Abkoppelung“ vom Boden, fällt auch die Reibung weg und somit kann die Strömung ungehindert ihren Weg fortsetzen.

Grafik: Einfacher Trägheitskreis

 

Die Periode der Trägheitsschwingung (Umlaufzeit des Kreises) kann man wie folgt berechnen: Nehmen wir ein Luftteilchen, welches sich mit 20 m/s auf einer Kreisbahn mit dem Radius von 500 km (U = 3141 km) fortbewegt.

 

 

Die Strecke, die dabei zurückgelegt wird, ist:

Was in etwa die Strecke des Umfangs ist.

 

 

 

 

Die Umlaufzeit nach dem Breitengrad

 

 

 

Hamburg: (53.5° N)      t = 14.89 h

Esslingen: (48° N)        t =  16.10 h

Äquator:                       t = 0

 

Zahlenbeispiele zur Trägheitsströmung

 

Die Darstellung zeigt die Strecke in der Trajektorie, die ein Teilchen auf der Trägheitsströmung benötigt. Auf der Trajektorie ist alle 2 Stunden eine Markierung angebracht. Der Coriolisparameter sei f   , die

Windgeschwindigkeit vg sei 10 m/s. Rechnen wir nach der bereits oben angeführten Gleichung, ergibt sich folgende Zeit

Dies ist die Umlaufzeit, die ein Teilchen benötigt, um nach knapp 35 h eine Distanz von 1200 km zu erreichen, welche auch mit der Grafik recht gut übereinstimmt.

Wind in bodennahen Luftschichten

Die Atmosphärische Grenzschicht (Boundary Layer)

 

Ein Hinweis vorweg: Hier sollen nur die Ansätze angesprochen werden. Die Vorgänge der Grenzschicht Meteorologie sind weitaus tiefgreifender und würden den Rahmen hier deutlich überziehen. Dies soll dann in einem weiteren Kapitel – in Grundzügen-  dargestellt werden, da hier schon einiges vorweggenommen wird.

 

Neben den Scheinkräften aus der Erdrotation und dem Gradientwind gelangen wir nun in die unterste Luftschicht, genauer vom Boden aus bis in eine Höhe von etwa 1000 Metern. Diese Schicht wird im allgemeinen als planetarische Grenzschicht (boundary layer ) bezeichnet und in drei Schichten übereinander eingeteilt. Über 1000 Metern Höhe schließt sich die freie Atmosphäre an.

Die Grenzschicht-Meteorologie umfasst eigentlich ein eigenes Kapitel bzw. ein komplett eigenes Buch, ist aber nicht weniger spannend. Hier vollzieht sich Tag und Nacht ein Zyklus von fühlbaren und latenten Wärmeströmen zwischen der Bodenoberfläche und der darüberliegenden Luft. Die horizontale Windströmung wird dabei maßgeblich von den Turbulenzen, den sogenannten Impulsflüssen zwischen den Wind in der freien Atmosphäre und dem Boden, beeinflusst, weshalb wir diesen oft als sehr böig empfinden. Ohne die Zusammenhänge zu zerpflücken, will ich trotzdem auf die Besonderheiten in der Grenzschicht eingehen und diese wieder möglichst anschaulich und verständlich darstellen.

 

 

Während die Luftbewegungen der freien Atmosphäre nur durch Gradientkraft, Corioliskraft und der Zentrifugalkraft bestimmt werden, muss nun die Reibungskraft in den bodennahen Luftschichten berücksichtigt werden. Dabei nimmt die Reibungskraft naturgemäß mit zunehmender Nähe zum Erdboden weiter zu. Die Reibung ist von der Beschaffenheit der Erdoberfläche abhängig. Da die Reibungskraft der Windgeschwindigkeit entgegenwirkt, hat dies nicht nur eine Abbremsung der Strömung zur Folge, der Wind wird auch je nach Reibungs- und Windstärke unter einem bestimmten Winkel in das Tief hinein abgelenkt.

Der reibungsbehaftete Wind in der Grenzschicht ist von einigen Faktoren abhängig:

·         Durch die Reibung selbst, die durch die Oberflächenbeschaffenheit bestimmt wird

·         Die dynamische Viskosität der Luft (Abhängig von der Temperatur und der Luftdichte bzw. Luftdruck

·         Und deren thermischen Schichtungsverhältnissen

 

Gehen wir von unserem o.a. Beispiel aus mit einem beobachteten Wind in Bodennähe von 17 m/s (gemessen in 10 Meter Höhe) so nimmt der Wind nach oben hin weiter zu. Mit zunehmender Höhe dreht dieser dabei immer weiter nach rechts, bis er schließlich isobarenbarallel verläuft. Bei einer Grenzschichthöhe von 1000 Metern (diese ist variabel) kann der geostrophische Wind ansatzweise mit dieser Formel ermittelt werden:

       geostrophischer Wind in der Höhe

          Windgeschwindigkeit am Boden in 10 m Höhe (ZA) gemessen

            Höhe der Grenzschicht (1000 m)

           Potenzfaktor durch die Schichtungsverhältnisse

 

Der Potenzfaktor spielt dabei eine erhebliche Rolle und hat unter einer mittleren labilen Schichtung einen Wert von 0,15. Bei neutraler Schichtung 0,25, bis hin zu stabilen Verhältnissen mit einem Wert von 0,4.

 

 

 

Der Ablenkungswinkel

Die Ablenkung lässt sich grob abschätzen: Über dem Meer nimmt man einen Winkel von 10 bis 20 Grad, über Land kann der Ablenkungswinkel gar Werte von 30 bis 50 Grad annehmen, was schlussendlich dazu führt, dass sich Tiefdruckgebiete unter Idealbedingungen über den Landflächen schneller auffüllen und sich damit auch rascher auflösen können.

 

 

Der Ablenkungswinkel (Differenz zwischen dem geostrophischen und dem bodennahen Wind )lässt sich bestimmen, wenn die Schichtungsverhältnisse (wie o.a.) und die Windgeschwindigkeiten in der Troposphäre bekannt sind.

 

Die Reibungskraft pro Masseneinheit bei einem Wind von U= 17 m s für eine a) neutrale Grenzschicht und b) instabile Grenzschicht mit einer Höhe der Konvektionsschicht von wB 50 m, sowie einer Grenzschichthöhe von Hz 1.5 km

U= M bodennaher Wind 17 ms

Hz  Grenzschichthöhe  1500 m

wB Höhe der Konvektionsschicht 50 m

Kr  Reibungskoeffizient 

Df  dimensionsloser Faktor

Fr Reibungskraft (Widerstandkraft)

 

a)

b)

                        

 

 

Mit steigender Bodenwindgeschwindigkeit vergrößert sich der Winkel

 

 

Ekman-Spirale

 

Die Ekman-Spirale (benannt nach dem schwedischen Physiker und Ozeanographen Vagn Walfried Ekman) beschreibt die sogenannte Korkenzieher-Strömung, die sowohl in der atmosphärischen Grenzschicht als auch in den Tiefen der Ozeane zu finden ist. Hier kann allerdings nur auf die Ekman-Spirale (auch genannt: Leipziger Windprofil) in der atmosphärischen Grenzschicht eingegangen werden, welche von dem englischen Hydrodynamiker G.I. Taylor 1915, unabhängig von Ekman, berechnet wurde.

Neben der untersten Schicht, der Prandtl-Schicht, bildet die Ekman-Schicht den größten Anteil innerhalb der planetarischen Grenzschicht mit durchschnittlichem Dicken von 500 bis 1000 Metern. Die Turbulenz und mit ihr die Reibungskräfte nehmen dabei mit zunehmender Höhe ab und die der Corioliskraft weiter zu, weshalb es mit zunehmender Höhe zu der charakteristischen Rechtsdrehung des Windes kommt.

Die Lösung der Ekman-Spirale erreicht man im Allgemeinen mit:

 

 

 

 

 

 

 

Aufspaltung der Windgeschwindigkeiten in einem realen und imaginären Teil

 

 

 

 

 

Höhe (Z)m

74

148

222

444

666

888

 

 

K   turbulenter Diffusionskoeffizient   (Höhenabhängig)

f   Coriolis parameter    

u zonaler Wind [m/s]

v meridionaler Wind [m/s]

 

 

 

 

Ein Beispiel für die analytische Lösung liefert die o.a. Grafik mit den Komponenten u und v für den meridionalen und den zonalen Anteil. Für den geostrophischen Wind u mit u 20 m/s einem höhenkonstanten Diffusionskoeffizienten  von 5 m²/s sowie den Coriolisparameter

Die Ekman-Länge ergibt sich aus:

 

 

Daraus ergeben sich dann die berechneten Windgeschwindigkeiten in den entsprechenden Höhen in den Ekman-Hodographen von den bodennahen Schichten bis zur maximalen Höhe der Ekmanschicht.

Mit dem realen Teil

  

 

 

Und mit der Integration die Höhe der Grenzschicht. Mit dem geostrophischen Wind von Vgeo 20 ms

Mit dem imaginären Teil

 

+

 

Berücksichtigt man in der Gleichung einen Ablenkungswinkel von 45°, so fallen die Windgeschwindigkeiten etwas höher aus.

 

usf.

 

Der Ablenkungswinkel ist jedoch in der Realität meist kleiner als 45° , ist aber die Ursache für das Ekman-Pumping (siehe unten). Die Schubspannung erhält man über

 

 

 

 

 

Ist die Grenzschicht allerdings turbulenzfrei setzt man den molekularen statt den turbulenten Diffusionskoeffizienten ein, der um 3 Größen kleiner ausfällt und stark von der Temperatur abhängig ist.

 

 

 

 

 

 

Bei einem turbulenten Diffusionskoeffizienten von  und dem Coriolisparameter   wird eine Stärke der Ekman Schicht sowie die damit verbundene Reibungshöhe von 444 Metern erreicht. Die Werte gelten in der Regel für Meeresoberflächen.

Die Werte des Diffusionskoeffizienten reichen von 0.1 bis 10 m²s. Wobei über Landoberflächen der Diffusionskoeffizient von 5 bis 10 m²s reicht.

 

 

 

 

 

 

Daher kann man leicht nachvollziehen, dass die Höhe der atmosphärischen Grenzschicht von der Größe des turbulenten Diffusionskoeffizienten abhängt.

Die durchschnittliche Höhe liegt daher bei 1000 Metern.

 

 

Massenfluss in der Troposphäre

Für den ageostrophischen* Massenfluss über die Längeneinheit der Isobaren, gilt unter folgenden Werten

p       Luftdichte 1,225  kg/m³

HE       Stärke der Ekman-Schicht  1400 m

Vg    Geostrophischer Wind 10 ms

a       Ablenkungswinkel 45°

Mageo ageostrophischer Massenfluss kg s

f       Coriolisparameter

K     Diffusionskoeffizient 10m²s

 

 

Der Massenfluss von 2900 kg s ist jener Betrag, der in der Grenzschicht der Atmosphäre durch den Reibungseinfluss in eine Zyklone maximal einströmen kann.

Zum Vergleich der geostrophische Massenfluss, der natürlich weitaus höher liegt als der ageostrophische Massenfluss, da dieser sich über die gesamte Troposphäre in einem 10 km hohen dichtekonstanten fluid bewegt.

 

Abschätzung der kinetischen Energie in der vertikalen Luftsäule

Über jeden cm² des Bodens befindet sich die Masse von 1 kg Luft mit der Einheitssäule auf 1 m² von . Die Masse bewege sich mit etwa 10 m/s. Die gesamte kinetische Energie  der Einheitssäule ist damit

Der Energieverlust über die Zeit

Nach etwa 6 Tagen würde der gesamte Energievorrat dissipiert sein.

 

 

 

Ekman-Transport (Boundary Layer Pumping)

 

Die Natur ist immer um einen Ausgleich bestrebt und somit wird mit dem Massentransport sowohl am Boden als auch in der Höhe der Ausgleich unter den Druckgebilden hergestellt. Wobei der Ekman-Transport hauptsächlich mit den bodennahen Windgeschwindigkeiten einhergeht. Dieser mit dem Wind erfolgte Massenfluss strömt spiralartig in das Zentrum des Tiefs und sorgt somit für ein Ansteigen des Luftdrucks. Man spricht vom Auffüllen des Tiefs. Auf der anderen Seite erfolgt ein Abbau des Hochs. Hier strömt die Luft, ebenfalls spiralartig nach außen und verliert dadurch an Masse. Der Luftdruck fällt. Mit dem Aufsteigen im Tief und dem Absinken der Luftmassen im Hoch werden die Druckverhältnisse wieder ausgeglichen. In einem weiteren Kapitel werden die Ursachen für die Entstehung von dynamischen Druckgebilden erläutert.

 

 

Wie sich so ein Massentransport vollzieht, lässt sich anhand eines Beispiels zeigen. Betrachten wir wieder unser Tief mit einer zentrumsnahen Windgeschwindigkeit von Vin 5 m/s und einem äußeren Radius von 300 km. Bei einer Konvergenz muss der Volumenzustrom größer sein als sein Abfluss, damit sich das Tief auffüllen kann.

 

 

 

 

Volumen Massenfluss (Inflow) über alle Seiten                           

                                                 

 

 

Volumen outflow   

   

Konvergenz 

 

Und für die Vertikalgeschwindigkeit  

 

Oder auch über die Vorticity

Ekman Höhe  D 1 km 

Vorticity   

 

 

Und schließlich die Änderung des Luftdrucks durch den Volumenzustrom

Höhe der Troposphäre 8km

Volumenzustrom 0.09 kg/s m

Vertikalgeschwindigkeit 0.03 ms

Mittlere Luftdichte 0.5 kg/m³

 

Allein durch den Massenzustrom in das Tief, wäre nach 24 Stunden der Luftdruck um 12 hPa weiter angestiegen. Ein realer Wert, um das Tief weiter aufzufüllen. Höhere  Massentransporte in der Grenzschicht führen klar zu größeren Werten, wenn sich die Vergenzen in der Troposphäre nicht verändern.

 

 

 

Vertikalgeschwindigkeiten

Ein äußerts schwieriges Unterfangen ist die Bestimmung der Vertikalgeschwindigkeiten innerhalb dynamischer Druckgebilde. Das betrifft Hoch und Tiefdruckzonen gleichermaßen. Im Hoch ist es das Absinken und im Tief die aufsteigenden Luftmassen. Um beispielsweise die Aufwärtsgeschwindigkeiten in einem Tief (hier an der Oberseite der Grenzschicht) bestimmen zu können, müssen einige Parameter berücksichtigt werden, die im Folgenden berechnet werden können.

 

Die nebenstehende Grafik zeigt die Vergenzen sowie die Vertikalgeschwindigkeit innerhalb einer Luftsäule. Zwischen den Druckflächen 600 bis 500 hPa, was in etwa 4,5 bis 5,5 km Höhe entspricht. In diesem Niveau ist die Troposphäre Divergenz frei. Die höchsten Vertikalgeschwindigkeiten sind dabei unterhalb von 500 hPa zu finden.

 

 

 

Beispiel zur Bestimmung der Vertikalgeschwindigkeit:

 

Radius des Tiefs 300 km

Coriolisparameter

Reibungskoeffizient

Inflow durch Konvergenz 5 m/s

Höhe der Troposphäre 11 km

Mittlere Temperatur zwischen der Tropopause und der bodennahen Luftschicht (Werte nach Standardatmosphäre)

 

 

Als nächstes wird die Brunt-Väisälä*-Frequenz bestimmt

 

Die Frequenz einer vertikalen Trägheitsschwingung wird nach den Entdeckern als BRUNT-VÄISÄLÄ-Frequenz N bezeichnet. Anschaulich beschreibt die BRUNT-VÄISÄLÄ-Frequenz die Frequenz vertikaler Auftriebsschwingungen um das hydrostatische Gleichgewicht

 

 

Die vertikale Erstreckung der Grenzschicht kann über den Quotienten der Brunt-Väisälä-Frequenz und dem geostrophischen Wind erreicht werden.

 

 

 

 

 

Für die relative Vorticity*

 

Die Vorticity ist ein Maß für die Wirbelstärke einer Strömung. Unterschieden wird zwischen relativer und absoluter Vorticity

 

 

 

 ist für die Vorticitiy ein hoher Wert, welcher mit dem geringen Radius und des höheren geostrophischen Windes des Tiefs einhergeht. Die normale Größenskala liegt bei .

 

Tabelle: Unterschiedliche Parameter und Veränderung der relativen Vorticity bei gleichbleibender Brunt-Väisälä-Frequenz von 0.0113 s

 

 

R 

 

3

 

5

6

 

 m/s

 

5

15

30

 

 

 

 

 

Rossby - Deformationsradius

 

 

 

Und schließlich die Vertikalgeschwindigkeit mit den bereits errechneten Werten

 

   Vertikalgeschwindigkeit [ms]

     Reibungskoeffizient   [

     Höhe der turbulenten Grenzschicht

       Höhe der Troposphäre

       Relative Vorticity

 

 

 

 

 

 

 

 

Vergenzen

 

 

 

Die nebenstehende Grafik zeigt die vektorielle Erfassung der horizontalen Windgeschwindigkeit und Windrichtung.

Der Wind kann dabei in seine Einzelkomponenten in eine x und eine y Richtung aufgespalten und berechnet werden.

Mit x wird der Betrag des Windvektors entlang der Nord-Südachse und mit y entlang der Ost-West Achse bezeichnet werden.

Für die Berechnung ist entscheidend welches Vorzeichen der Windvektor erhält: So werden Windströmungen aus Nord und aus Ost mit einem positiven Vorzeichen, aus Süd und aus West mit einem negativen Vorzeichen versehen

                                       

 

 

 

 


x

W

N

 

 

 

 

                              O

 

 

y

 

 

 

S

                             

 

Die horizontale Windgeschwindigkeit berechnet sich zu

Sowie mit dem horizontalen Richtungswinkel

 

Bevor wir zur Ermittlung der Divergenz kommen, soll hier noch ein Beispiel für die Berechnung der Windgeschwindigkeit zur Anwendung kommen.

Windrichtung aus Nord mit +4 m/s und aus Ost mit +3 m/s. Die Zahlen werden mit einem positiven Vorzeichen versehen. Daraus resultiert

 

Sowie eine Windrichtung von

 

Der Wind weht mit 2.2 ms aus 37° bzw. aus Nordost

Bei Windgeschwindigkeiten von 5 ms aus Süd und 2 ms aus Ost folgt

X= -5 ms  y = 2 ms

 

 

Mit der Windrichtung

 

Der Wind weht mit einer Geschwindigkeit von 2.3 ms und kommt aus Süd-Südost.

 

Beispiel für die Divergenz

Betrachten wir dieses Viereck, in dem der Wind aus verschiedenen Richtungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten weht. Bekanntermaßen nimmt die Stärke des Windes mit Zentrumsnähe zum Tief hin ab, weshalb die Geschwindigkeiten abgebremst werden. P1 bis P4 sind die beobachteten Winddaten mit den kleinen rot unterlegten Buchstaben für die Seitenmarkierung der Fläche. Der Wind an den Punkten P1 und P2 soll die Isobare in einem Winkel von 30° schneiden. Die Entfernung zum Zentrum beträgt 100 km.         

d

 

 

 

 

 

P3           10 ms

 

P2              

           4 ms

 

 

P1

 

c

a

 

 

 


2  ms

 

 

 

 

3 ms

P4  b

 

 

 

 

 

 

 

 

                

Geg.:

 

 

 

 

 

 

 

 

Für das Flächenmittel der Divergenz

 

 

Das Flächenmittel der Divergenz beträgt . Das Vorzeichen ist hier negativ und damit eine Konvergenz.

 

 

 

Die vier Beispiele zeigen die Vergenzen, die zu Hebungsprozessen, bzw. zum Aufsteigen der Luftmassen in Tiefdruckgebieten und zu Absinkbewegungen in Hochdruckgebieten führen. Im ersten Beispiel (oben links) kann sich nicht nur ein Tief verstärken, hier kann es erst zu einer Tiefdruckentwicklung kommen bis hin zu einer rapid-zyklogenese, welches zu einer Sturmtief-Entwicklung führt.

 

 

Die Divergenz am Oberrand der Troposphäre beträgt

Tabelle: Typische Werte der Vergenzen

 

Luftdruck hPa

1000

+ 0.9

850

+0.6

700

 

 

+0.3

500

0.0

300

-0.6

200

-1.0

 

 

 

Die Grafik zeigt den Inflow in das Zentrum des Tiefs mit den Windgeschwindigkeiten von 5 m/s auf allen vier Seiten. Die umgebene Isobare sei 100 km vom Zentrum entfernt. Damit lässt sich nun auch die Divergenz abschätzen. Strömen Luftmassen auseinander geht dies mit einer positiven Divergenz einher. Positiv deshalb, da hier Masse verloren geht. Bei einer negativen Divergenz strömen Luftmassen zusammen, dabei konvergieren sie und es folgt ein Massenzufluss. Durch das Zusammenströmen werden die Luftmassen schließlich nach oben hin (Richtung Tropopause) abgeführt. Bestes Beispiel dafür ist die im Sommer auftretende Bodenkonvergenz, wodurch es zu linienhaft angeordneten Gewittern kommt und als squall-line bezeichnet wird.

 

 

Die Konvergenz liegt hier bei einem Wert von

 

 

 

Änderungen des Luftdrucks

 

Dynamische Druckgebilde können sich verstärken durch zyklogenese bzw. antizyklogense oder sich abschwächen und sich irgendwann auflösen. Die Prozesse dafür liefern Abläufe in der Atmosphäre, die zu Luftdruckänderungen am Boden führen. Mit dem Gesetz über die Massenerhaltung leuchtet ein, dass nicht unendlich viel Masse aus einem Volumen abließen bzw. einfließen kann. Je nachdem steigt oder fällt der Luftdruck, wenn sich über einem Beobachtungsort, Änderungen in der Luftsäule darüber ergeben. Man wähle zwei beliebige Höhen in diesem Luftquader und stelle sich in der Mitte eine Trennung zweier Luftschichten vor. In der darüber liegenden Luftschicht ändert sich nun die Dichte infolge von Warmluftzufuhr, weshalb die Luftsäule darüber gestreckt wird. Durch dieses auseinanderziehen wird die Luft leichter und verliert weiter an Masse.  In dem darunter liegendem Luftvolumen muss aufgrund dieser Streckung der Luftsäule der Luftdruck fallen, da weiter Masse verloren geht. Und dieser fällt so lange, bis am Boden wieder Masse zugeführt wird. Dies wird dann mit dem Heranführen von Luftmassen über das bereits beschriebene boundary layer pumping vollzogen. Ein Tief kann nur über die Konvergenz am Boden wieder „zugeschüttet“ werden. In der Höhe – im Tropopausen Niveau – werden die Luftmassen seitlich über die Divergenz wieder abgeführt. Dazwischen, also in der Luftsäule selbst, muss es selbstverständlich zu Vertikalbewegungen kommen. Im Folgenden soll hier nun in einfachster Darstellung gezeigt werden, welche Voraussetzungen dafür Infrage kommen und wie es schließlich zu den Änderungen des Luftdrucks kommt.

Betrachten wir zunächst eine Luftsäule auf 1 m² vom Boden ausgehend bis zur Tropopause in etwa 10 km Höhe und errechnen zunächst das Gewicht, welches auf einem Quadratmeter lastet, mit 1000 hPa und einer konstanten Schwerebeschleunigung.

Da der Luftdruck exponentiell mit der Höhe abnimmt, beträgt der Luftdruck in 10 km Höhe nur noch 1/4, etwa 250 hPa. Das heißt, auf jeden Quadratmeter lastet ein Gewicht von etwa 750 kg. Wenn sich die Masse in der Säule ändert, so muss sich auch der Druck ändern

Voraussetzungen für die Druckänderung:

Mit dem Wind erfolgte Advektion über dem Beobachtungsniveau

Ekman-Transport (Boundary-Layer Pumping)

Vergenzen über dem Beobachtungsort

Diabatische Temperaturänderungen

 

Im Einzelnen bedeutet dies: Lokale Luftdruckänderungen resultieren aus der Advektion unterschiedlicher Luftmassen (Warm bzw. -Kaltluftadvektionen) sowie aus den horizontalen Vergenzen eines Geschwindigkeitsfeldes, sowohl am Boden als auch im Tropopausen Niveau.

 

 

. Drucktendenzgleichung

 

                    A                                B                                    C

 

 

 

                                                          D                                   E

 

Im Einzelnen bedeuten die Terme:

 

A   Lokale Änderung des Luftdrucks

B  Vergenzen über einem Niveau, integriert über die gesamte Luftsäule

C Änderung in der Dichte

D Temperaturadvektion über einem Niveau

E Massenadvektion über die vertikale Geschwindigkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tropopause  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


divergenzfreies Niveau

 

Div = 3

                         300 hPa

 

 

 

 

                         

                                    

                        

 

 

                            500 hPa

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Div =

 

 

 

 

 

                  

 

 

 

 

                 900 hPa

 

Ein weiteres Beispiel zur Verdeutlichung der Druckänderung bei Entwicklung eines Sturmtiefs. Die Temperaturadvektion ist hier berücksichtigt worden, da im Delta des Jetstreaks und auf der Vorderseite eines Höhentroges, es meist zu einer Temperaturzunahme im 850 hPa Niveau kommt. 

Die Parameter in diesem Beispiel lassen sich aus der Grafik gut herauslesen.

 

Divergenz am Oberrand der Troposphäre

Warmluftadvektion 

Konvergenz in der Grenzschicht

Die Änderung der Dichte resultiert aus der Warmluftadvektion 0.5 kg

Vorticity

Windgeschwindigkeit

Druckgradient

Regenmenge

Boundary Layer Pumping (Ekman-Transport)

 

 

 

 

200 hPa

 

300 hPa

 

 

 

 

700 hPa

 

Warmluftadvektion

 


 

 

850 hPa

 

Grenzschicht                                  

 


1000 hPa

 

 

 

 

Das Ergebnis zeigt einen sehr starken Abfall des Luftdrucks von 5.1 hPa/ 3h, welches mit einer Sturm-Zyklogenese einhergeht. In der Gleichung wurden zunächst die Einheiten auf kPa/s gelegt und am Ende umgerechnet auf hPa/h

 

Zwei weitere Kräfte die dem Wind in Bodennähe entgegenwirken: Die Reibungskraft mit der Einheit in Newton [N] bzw.  m/s ² und die Schubspannungsgeschwindigkeit in Pascal [Pa]

Über den Reibungskoeffizienten Kr mit dem Coriolisparameter f und der Windgeschwindigkeit lässt sich die Reibungskraft leicht bestimmen:

 

 

 

Bodenrauhigkeit

konstant mit 0,4 – die Windgeschwindigkeit 17 m/s – die Luftdichte 1,2 kg/m³

h            2,5 [m]

zh          1,0 [m]

z             10[m]

Ka          0,4

v            17 [ms]

p            1,2 [kg/m³]

 

Die Bestandshöhe von 2,5 m ergibt sich aus der Geländebeschaffenheit (zb. Maisfeld) und muss mit einer Nullpunktverschiebung berücksichtigt werden.

 

 

Die Schubspannungsgeschwindigkeit  ist somit

 

 

 

 

Die Schubspannungsgeschwindigkeit beträgt 3.19 m/s.

 

Daraus resultiert eine Schubspannung von  

 

So können die Windgeschwindigkeiten im strukturierten Gelände für jede beliebige Höhe innerhalb der Prandtl -Schicht über einen Messort ermittelt werden

Für eine Höhe von 100 Metern über Grund ergibt sich mit den o.a. Parametern:

 

 

©Lothar Aeckerle